Tag 10: Palermo - Rosarno
Tag 10 der Rallye1000 2017 startet mit einer erfreulichen Überraschung. Als die Teams um kurz vor 08:00 Uhr ihre Fahrzeuge erreichen, sind diese tatsächlich, inklusive aller Anbauteile und Verglasungen noch dort, wo die Teilnehmer sie am Vortag abgestellt hatten. Sichtlich erleichtert machen sich die Teams auf den Weg. Team 33 (Schupp/Müller) navigiert auf der heutigen Etappe an der Nordküste Siziliens entlang bis nach Termini Imerese. Von dort aus geht es auf die altehrwürdigen Straßen des berühmten Sizilien Straßenrennens „Targa Florio" und anschließend weiter der Küste folgend zurück nach Messina, wo der Rallye1000Konvoi wieder auf das italienische Festland übersetzt.
Als sich die Teilnehmer also aufmachen die Straßen Palermos hinter sich zu lassen, erfüllt plötzlich lautstarke Italienische Schnulzenmusik die Straßen. Die Quelle ist eindeutig das Fahrzeug vor dem Navigationsteam 33 (Schupp/Müller). Auch die Sizilianer scheinen den enorm großen Nutzen von Außenlautsprechern für sich entdeckt zu haben. Selbstverständlich kann Team 33 (Schupp/Müller) diese eintönige Beschallung nicht auf sich sitzen lassen. Pilot M. Schneider (Team 34) äußert einen Musikwunsch, und so wird die, durch den Liedwechsel des Sizilianers entstehende Pause sofort genutzt: Auf voller Leistung der Honda CRX Außenlautsprecheranlage von Team 33 (Schupp/Müller) donnert „Preußens Gloria" durch die sizilianischen Gassen. Der diesjährige Verbau des von Dahl Energy gesponserten Zusatzverstärkers macht sich ein weiteres Mal bezahlt. Nicht nur der Vorrausfahrende Italoschnulzenliebhaber ist sichtlich beeindruckt, auch die am Straßenrand stehende Bevölkerung stimmt mit den Händen freudig zur Marschmusik dirigierend mit ein. Ciao Palermo!
In der alten Stadt Termini Imerese wird der erste Tankstopp eingelegt. Der junge Tankwart ist bei Ankunft der Rallye1000 Boliden vollkommen aus dem Häuschen. Auf gebrochenstem Englisch erklärt er den Teilnehmern, was es für eine Ehre sei, dass sie bei ihm tanken! Auf den Honda-Stratos zeigend berichtet er, über beide Ohren strahlend, dieses Fahrzeug wäre eine nationale Legende. Ob er das Auto fotografieren dürfe, selbstverständlich ohne die Nummernschilder? Natürlich darf er fotografieren was er will, aber alle Erklärungsversuche, dass es sich hierbei nicht um einen legendären Alitalia Lancia Stratos handelt, sondern vor ihm lediglich eine alte, runtergerockte, deutsche 900€ Schüssel mit 10 Kilo Farbe und jeder Menge angespaxter Zusatzscheinwerfer steht, sind vergeblich. So tauchen nach kurzer Zeit auch noch seine Kumpel auf, um den vermeintlichen Rallye World Champion zu bestaunen. Während dem Tankvorgang wird auf Italienisch noch über die offensichtlich zwecks Rennwagen-Leichtbau fehlende Heckscheibe philosophiert (beim Honda gerade elektrisch runtergefahren), dann können sich die Teilnehme loseisen.
Im Zickzack Kurs geht es durch die alten, verwinkelten Gassen von Termini Imerese, wobei sich die Teilnehmer plötzlich in einer Art Fußgängerzone wiederfinden. Geduldig den schwer beladenen Einheimischen in Schrittgeschwindigkeit folgend findet sich irgendwann doch noch ein Weg raus aus der Stadt. Nach einer weiteren 180° Wende ist die ehemalige Boxengasse der Targa Florio erreicht. Die teils verfallenen Gebäude haben die Sizilianer mit schicken Drucken aus den Hochtagen dieses berühmten Autorennens verkleidet. Hier wird schnell klar, wie Stolz die Einheimischen auf die zur damaligen Zeit auf abgesperrten Straßen stattfindende und im ursprünglichen Sinne bis 1977 ausgetragene Targa Florio sind, die zeitweise sogar als wichtigstes Autorennen überhaupt galt. So sind auch die drei ehemaligen Routen mit ihren je 72 - 148 Kilometer pro Runde immer wieder ausgeschildert. Die Teams machen sich entsprechend der Tradition gegen den Uhrzeigersinn auf die aus öffentlichen Straßen bestehende Strecke. Team 34 (Schneider/Schabacker) zollt der Motorsportgeschichte dieser Boxengasse mit durchdrehenden Räder ihres PS-Monsters Tribut. Zunächst geht es der Staatsstraße SS120 folgend nach Cerda. Danach werden die Straßenzustände der kurvigen Straße zunehmenden schlechter, bis sie für den öffentlichen Verkehr offiziell sogar gesperrt ist. Vorbei an den Absperrungen und weiter geht es. Die Straße ist phänomenal, die Kulisse beeindruckend. Allerdings müssen die Teams auf der teilweise abgebrochenen Asphaltdecke stets wachsam sein. Die durch Eruptionen stark mitgenommene Straße ist an manchen Stellen bis zu 2 Metern abgesackt. Hier und da fehlt eine ganze Fahrspur, in Schlaglöchern kann man Verstecken spielen und mannsgroße Felsbrocken liegen auf der Fahrbahn. Ab und an verirren sich noch Einheimische auf dreirädriger Ape auf diese Straße, und die Rallye1000 ... natürlich.
Ab Caltavuturo werden die Straßenzustände wieder etwas besser, die Aussicht aber nicht weniger beeindruckend. In Scilatto gerät das Navigationsteam 33 (Schupp/Müller) dann etwas ins Straucheln. Einmal quer durch das kleine Städtchen und der Konvoi findet sich auf einer sehr alten Pflastersteinstraße wieder. Die grobe Richtung stimmt. Erste Zweifel regen sich im Tourfunk bei den immer größer werdenden Bodenwellen. „Naja, die Richtung stimmt eigentlich. Die Sizilianer werden ja nicht eine Straße die ins Nichts führt so aufwendig pflastern..." Doch, würden sie... die Pflastersteine gehen in Schotter über, der Schotter in Geröll und schließlich sieht auch Pilot F. Schupp (Team 33) ein, dass es wohl für den Erhalt des immerhin noch 3 flutigen, tief hängenden Endtopfes des bunt bemalten Hondas am besten sei, umzukehren. Die Teams haben ihren Spaß. Also im Rückwärtsgang die Buckelpiste zurück und Mithilfe von Einheimischen, wildem Gestikulieren und Kartenmaterial wieder auf die richtige Route finden. Auf dem folgenden Weg nach Collesano sind sogar einige Streckenabschnitte frisch geteert. Nach einer Bodenwelle einmal tief eingefedert und der besagte Endtopf des Honda Stratos von Team 33 (Schupp/Müller) hinterlässt einen langlebigen, ansehnlichen Streifen auf dem frischen Asphalt dieser ehrwürdigen Strecke. Revier markiert!
Die Stadt Collesano, die Heimat der wohl am meisten fotografierten Spitzkehre der Targa Florio, lässt sich nicht lumpen und bietet zur Ankunft der Rallye1000 eine Parade auf. Die Teilnehmer nutzen die Gelegenheit und legen einen Eis-Stopp ein. Die ganze Stadt ist voll mit tollen Malereien zur Targa Florio und selbst in der Eisdiele hängen alte Fotografien der durch die Stadt donnernden Rennwagen. Ein schöner Abschluß der Targa Florio Runde.
Über die Autobahn geht es nun an der Nordküste entlang zur Fähre nach Messina. Hinter der letzten Mautstelle lauern die, durch den in der nahe gelegenen Stadt Taormina zeitgleich stattfindenden G7-Gipfel, wachsamen Carabinieri und winken den auffälligen Honda von Team 33 (Schupp/Müller) direkt raus. Zum ersten Mal bei der diesjährigen Rallye1000 werden Ausweispapiere und der Fahrzeugschein von der Polizei begutachtet. Nachdem alle Unterlagen zur Zufriedenheit der Beamten gecheckt sind und freundlich Nachgefragt wurde was wir mit den bunten Autos in Sizilien treiben, darf der Konvoi weiterfahren.
Eine Ausfahrt zum unspektakulären Ostkapp Siziliens das Capo Peloro, am Fuße des gigantischen Strommastes, der die Insel mit Strom vom Festland versorgt, kostet wertvolle 2 Stunden. Was solls, rauf auf die Fähre und über die Autobahn zum heutigen Etappenziel Rosarno. Kurz vor Erreichen des Campingplatzes schlägt das Schicksal ein zweites Mal zu. Durch die inzwischen einsetzende Dunkelheit ist der Honda von Team 33 (Schupp/Müller) inzwischen mit voller Festtagsbeleuchtung aller Zusatzscheinwerfer an der Spitze des Felds unterwegs, als hinter der nächsten Kurve die Freunde in ihren schwarz-roten Einsatzfahrzeugen lauern und die Teilnehmer schnell herauswinken. Man will wissen ob die Teilnehmer ein illegales Autorennen veranstalten und warum die Fahrzeuge dann so bunt seien und Startnummern tragen. Nach einer kurzen Einführung in das Rallye1000 Einmaleins und den Hinweis auf den, in unmittelbarer Nähe liegenden Zielort wird noch eine gute Fahrt durch den Rest Italiens gewünscht und alle dürfen weiterfahren.
Sehr spät erreichen die Teilnehmer den etwas eigenen Campingplatz und bauen zügig, aber wegen er bestehenden Nachtruhe der ansässigen Dauercamper, leise ihre Zelte auf.